Samstag, Dezember 09, 2006

action!

Da hat nun wieder ein geistesgestörter Schüler mit Pistolen um sich geschossen. Und schon schnellen die Kasper aus den Schachteln:
Schuldkasper: Internet und die Eltern sind schuld
Karrierekasper: nun profilier dich endlich, oder willst du ewig in der Provinzregierung rumhängen; diese Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder.
Actionkasper: Internet verbieten, Waffenkäufe erschweren.

Würde man den Geschlechtstrieb verbieten, wäre das "Kinderpornoproblem" gelöst.

Sonntag, Oktober 22, 2006

Endlich!

Darauf haben wir alle lange gewartet. Endlich fasst sich ein Discounter ein Herz und bietet es, pünktich vor Totensonntag, an.
Die erste vollautomatische Grableuchte für einen Spottpreis. Solarbetrieben, mit Leuchtmittel, aus unzerstörbarem Plastik und diebstahlsicher.
So wird das Gedenken eingefroren, ist zu einer Maschine verkommen, selber tot. Automatische Totenehrung: die Anteilnahme kann für andere Anlässe gespart werden.
So sollte man der verstorbenen Trauerfähigkeit ein Grablicht spendieren-
mit einer echten Kerze.

Montag, Oktober 09, 2006

Schwarze Vögel

Mal wieder können wir die Metamorphose der ostdeutschen Küste studieren. In Zingst dem Hauptstädtchen der Ostseehalbinsel Dars wird eifrig Geld verdient. Gut, das wird überall getan, aber Methoden und Dimensionen unterscheiden sich beträchtlich. Vor allem fragen wir uns wieder einmal, warum die blose Existenz der Ostsee aus braven Eingeborenen unverschämte Gierhälse macht? Vielleicht verführen sturmumtobte Küsten, also gewissermaßen die Existenz der Urgewalten vor der Haustür, zum Hervorbrechen versteckter Extreme des menschlichen Charakters, wie der schamlosen Raffsucht oder der Neigung zu extremen Ansichten.
Wie dem auch sei, jedenfalls toben an den ostdeutschen Küsten die Despoten des Geldes und der Macht. "Waffel-Maik" ist da nur ein kleines Licht im bunten Reigen fliegender Hochpreisakrobaten. Er brät und verkauft seine Eierkuchen von einer rustikalen Holzkarre aus. Man wartet in der Schlange und hat Zeit, das Ambiente genauer zu betrachten. Die großen, hölzernen Speichenräder seiner Karre hört man förmlich über die alten Katzenköpfe poltern und knarren. Aber Katzenkopfpflaster gibt es nur noch selten und die großen Räder sind am Wagen festgeschraubt, die können sich nicht drehen.
An den Unterseiten der Räderfelgen ist eine zusätzliche Achse befestigt. Die zwei flinken Ballonreifen daran, lassen Waffelmaik jeden Morgen geschwind über den Zingster Asphalt auf seine Abzockposition flitzen. Und dann werden die "Touris" gemolken. Aber auch die Betreiber des Parkplatzes an der Düne 6 haben einen an der Waffel. Fünfzehn Euro werden für eine einfache Übernachtung, im eigenen Auto, neben der Straße verlangt. Da fliehen wir weiter an den Ostzipfel der Insel, nach Pramort, einem ehemaligen Schießplatz. Dort zogen vor dreißig Jahren russische Militärlaster fünf Tonnen schwere Fla-Kanonen durch den Küstenschlamm. Außerdem flogen Handgranaten, 100mm- Geschosse, und Kalaschnikow- Salven über die Ebene und oft ins Meer. Am ehemaligen Kontrollpunkt, am Eingang des Gebietes, steht nun eine Tafel mit Drohungen. Das Gebiet gehört inzwischen militanten Naturschützern, und die bestimmen die Regeln. Erst einmal ist Eintritt zu zahlen, dann wird eine Kleiderordnung verfügt: unauffällg und dezent solle der Besucher daherkommen, unnötige Bewegungen vermeiden, Lärm sowieso. Schließlich habe jedermann um drei Uhr Nachmittags aus dem Gebiet verschwunden zu sein.
Denn hier flögen misantrophische Kraniche herum und die können das alles gar nicht leiden.
Ich denke an alte Zeiten: der Ostkranich saß auf der Panzeratrappe bis die Granate nebenan einschlug. Vorbei, nun haben die Westkraniche das Sagen und die fliehen panisch bis Afrika, wenn ein Wandersmann furzt.
Auf dem Radweg, der längs der Küste von Ost nach West führt, fahren kleine, behelmte Knder herum. Mit ihren überdimensionalen Köpfen sehen sie wie Playmobilfiguren aus und scheinen jeden Augenblick umzukippen. Eine Barbiepuppe wankt an Kohlefaserstöcken gen Osten. Zwei Nonnen: schwarze Kutten, weiße Hauben. Sie bewegen sich langsam, schweben fast -wie die ewig hungrigen Ostseemöven- über die Insel.

Donnerstag, September 07, 2006

Quak-Quak-Broad...

Vodafone will mal wieder was verkaufen:
"WebConnectFairFlat National im UMTS Broadband", dazu gehöre natürlich eine "FairFlat-Policy" und Revolutionen werden stattfinden: im mobilen Downlink und im Uplink.
Die flache Polizei soll bleiben wo sie ist, ich mag auch keine Revolutionen.
Aber eigentlich weiss ich nicht, was die verkaufen wollen...

Freitag, August 18, 2006

Ordentlich und fleißig...

Manchmal ist die Stadt schwer auszuhalten, gerade jetzt.. Es ist Wahlkampf in Berlin, die verschiedenen Bewerber um die kommunalen Vakanzen grinsen von den Laternen. Also flüchtet man aufs Land, auf einen kleinen Zeltplatz an der Ostsee.
Da stehen sie , die großen Aushängeschilder bürgerlicher Tugenden; Wohnmobile mit riesigen Außmaßen. Schicke, weißgekleidete Damen schlendern zwischen den 100.000 Euro- Wohnstuben herum. Der Hausherr drückt auf verschiedene Knöpfchen: Markise ausfahren, zuviel Wind, Markise einfahren. Es summt und brummt an allen Ecken. Staubsauger saugen den Ostseesand vom Vortage ein, der Grill wird für den nächsten Einsatz poliert. Nur Rasen wird hier nicht gemäht, es ist keiner da.
An der Rezeption ist die Entsorgungsstelle, hier werden die Brauchwassertanks abgelassen, Toilette in den Fäkalienausguß kippen kostet zwei Euro extra.
Und hier zeigen sich eine weitere Tugend des Deutschen Volkes: Sparsamkeit.
Im Sichtschutz der Autoflanke schüttet ein Wohnmobilist seine Campingtoilette- statt in den Fäkalausguß- in den Wasserausguß. Seine in sanfte Pastelltöne gekleidete Blondine sieht ungerührt zu, wie ihr Kot und Urin in in das Spülwasser platscht, sie wird nicht einmal rot dabei.
Wieder zwei Euro gespart.
Es leben die deutschen Gartenzwerge, nur wenn sie sich unbeobachtet fühlen, dann sollte man wegsehen, damit man nicht auf ihre Playmobile kotzt.

Montag, Juli 31, 2006

Blumengießen

An Journalisten vorbei schleppte vergangender Tage so mancher Lokalpolitiker einen Eimer Wasser. Den kippte er dann an den Stamm eines halbvertrockneten Baumes. Die Bürger sollten dasselbe tun, so die verbale Untermalung der beispiellosen PR- Aktion. Oder von Geziefer angefallene Kastanienblätter sammeln. Was macht eigentlich in diesen Zeiten das von den Bürgern steuerfinanzierte Gartenbauamt? Das muß seinen geplanten Aufgaben nachkommen, also zum Beispiel Edelstahlumzäunungen für verdurstende Bäume setzen, Verschönerungsarbeiten in den Parks vornehmen. Schließlich sind dafür Gelder eingestellt und bewilligt worden, und nicht für irgendeine ungeplant daherkommende Trockenheit. Das muß erst einmal durch den Senat, wie auch diese komische Motte, die sich bisher nicht in die Haushaltsdiskussion eingebracht hat. Vorschlag: einigen Verantwortlichen mal einen Eimer über den Kopf stülpen, dann kräftig draufhauen. Soll gegen Schluckauf helfen! Vielleicht hilft es auch gegen Ignoranz und Dämmerschlaf im Büro.

Donnerstag, Juli 27, 2006

... und überleben

D. sitzt auf der Bank vor seiner Stammkneipe. Er trinkt sein Bier langsam und bewußt. Heute hat er einen Autoschweller geschweißt, die Standuhr des Kneipers repariert und geölt, bei M´s das Bad zu fliesen begonnen. D. kann fast alles, alles außer Autofahren. Er hat keinen Führerschein und wird auch nie einen haben. Mit dem Tag ist er zufrieden, er hat einen Hunderter verdient. Für zwei Euro hat er jetzt Bier getrunken. D. zahlt und nimmt seine Werkzeugtasche. Dann geht er langsam über die Straße, nach Hause.
Gut 200 Bewerbungen hatte er losgeschickt, bis er einen Antrag auf "Verharzung" gestellt hat, das Leben muß ja weitergehen.
Keiner will D., es gibt genug Handwerker aus Osteuropa.
Er hatte keine Wahl, also blieb "Offener Vollzug" (Sozialhilfe) und nebenbei arbeiten, so ist er Schwarzarbeiter geworden.
Zu Hause rumsitzen kann er nicht. Alle kennen ihn: D. kann alles, ist pünktlich, D. pfuscht nicht.
Geht irgendwas kaputt im Bezirk heißt es: "geh zu D."
Was ist das für ein Land, in dem kriminelle Manager Sozialgesetze machen und sich zuverlässige Handwerker mit Schwarzarbeit durchs Leben schlagen müssen?
Land der Blender und Großmäuler: wo kein Kläger, ist auch kein Richter. Der ordentliche, deutsche Schein liegt wie Katzengold über den korrupten, machthungrigen Skulpturen in Politik und Wirtschaft.
Werbung im Schaufenster einer Berliner Boutique für Kunststoffhandtaschen: Das Material sei aus: "...echt Lederimitat", meistens ist es auch noch "...aus der Raumfahrt".

Nachtrag: Meister Propper am Ball

Vor etwa vier Wochen mitten in der Fußballzeit:

Die kreativste Werbeaktion, die ich bei "EXTRA" bisher gesehen habe. In einer Stunde spielen polnische gegen deutsche Fußballspieler. Zu diesem Anlaß hat EXTRA im Eingangsbereich eine Pyramide mit Putzmitteln aufgebaut. Eine Reihe "Meister Propper", Spülmittel, Scheuersand. Oben drauf die deutsche Fahne, gekrönt von dem Spruch: "Wir putzen die Polen weg". Hoffentlich sind die Reiniger stark genug, denn es wäre denkbar, daß sich polnische Supermärkte mit einer Gegenaktion wehren: "Wir fegen die Deutschen vom Platz"- polnische, handgebundene Besen haben große Fegekraft. Wenn den Deutschen dann ihre Toilettenreiniger um die Ohren fliegen, können sogar die allgegenwärtige Dreifaltigkeit: "Schwarz-Rot-Gold" im Essigreiniger verbleichen. Und womit soll dann der deutsche Patriot sein Deutschtum kundtun? Und wozu noch? Wobei mir jetzt schon rätselhaft ist, weshalb Autofahrer mit deutscher Autonummer deutsche Fahnen ins Seitenfenster klemmen, Einfamilienhäuser mit Deutschen Fahnen eingewickelt werden und eigentlich ganz hübsch anzusehende Menschen sich die drei Farben auf die Backe und in die Haaare schmieren.
"Der Deutsche braucht immer etwas, was vor ihm herflattert, und hinter dem er hermarschieren kann"- dann braucht er selbst nichts zu schaffen, auf das er stolz sein kann, sondern klebt seinen Stolz auf eine Fahne, eine Rune oder sonst irgendeine Tapete. Das ist einfach: je größer die Masse ist, mit der er die Symbole teilt, desto befugter fühlt er sich, in dessen Namen herumzupöbeln, Dummheiten anzurichten.

Montag, Mai 15, 2006

Im Park

Acht Uhr morgens in Deutschland:
Im Volkspark wird patrolliert: neben den gewaltigen Hintern zweier Damen baumeln Gummiknüppel und Reizgaspatronen. Zwischen den Amazonen schleppt sich ein dicker Mann über den staubigen Weg.
Auf den weißen Hemdrücken steht in kantigen, respekteinflößenden
Lettern: ORDNUNGSAMT.
Ja, hier herrscht Ordnung; gegrillt wir nur noch an einem abgelegenen Platz und Hunde sind angeleint, wenn sie auf den paar Grünflächen ihre Därme leeren.
Ab-und an jagen Helikopter über Berlin, den Graffitischmierern dicht auf den Fersen.
Es ist Frühling in Deutschland, die Rasenmäher können endlich entmottet werden, der Wettlauf, wer am schnellsten die zaghaft sprießenden Gräser abrasiert, hat wieder begonnen.
An den Wegrändern picksen verharzte Sozialschmarotzer Papierschnipsel auf.
Die Parkkneipe wärmt den gestrigen Kaffee, Rolläden rasseln hoch,
jemand wischt die Sitzbänke ab.
Zwei Euro wird der Pappbecher Kaffee kosten, eins fünfzig der Teebeutel mit heißem Wasser.
Die Kellnerin kommt auf mich zu, ich muß etwas bestellen oder gehen...

Samstag, Mai 13, 2006

Hört, hört...

Millionen Nordamerikaner sind von der NSA abgehört worden, der BND bespitzelte jahrelang Journalisten.
Wer nun die allumfassende Empörung heraushängen lassen möchte, sollte bedenken:
NSA, BND, CIA, KGB, STAASI, MOSSAD und wie sie auch sonst noch heißen mögen, "dienen" den jeweiligen Staatsgebilden im "Geheimen", unabhängig von Struktur und ideologischer Tünche. In Diktaturen darf ein Geheimdienst sowieso alles, Demokratien malen ihren Geheimdiensten einen weißen Strich auf den Boden: bis hierhin darfst du gehen, und nicht weiter. Der Geheimdienstler zieht seinen Hut tiefer ins Gesicht und weiß, daß es nicht so gemeint ist.
Aber er murmelt ein "Selbstverständlich".
Geheimdienstler in parlamentarischen Demokratien müssen professionelle Lügner sein, sonst können sie ihre Arbeit nicht machen: sie müssen ebenso effektiv wie "unkontrollierte Dienste" arbeiten, aber viele Methoden dürfen nicht herauskommen!
Ein Geheimdienst ist also so gut, wie er seine Methoden zu verheimlichen versteht.
Denn: was technisch machbar ist, wird auch gemacht, egal ob irgend ein Parlament papierne Grenzen zieht.
Egal in welchem Land: falls die zuständigen Schlapphüte mal die Maske abnehmen und das ganze Ausmaß geheimdienstlicher Schnüffelarbeit und Sammelwut für den Bürger sichtbar würde, wäre die Fassungslosigkeit groß.
Also, Kopf zurück in den Sand, auch wenn der von den Druckwellen der Enthüllungspresse manchmal aufgewirbelt wird.

Mittwoch, März 15, 2006

Schlicht und einfach

Der, nach solcher "Wucht und Stärke" geführte Streik, könne zur Schlichtung nicht einfach ausgesetzt werden, meinte gestern Abend Alfred Wolfahrt von Ver.di Baden-Württemberg.
Das sei schade, meinte sein Gegenpart von der KAV (Kommunale Arbeitgeber) Baden-Württembergs.
Wucht und Stärke, damit ist wohl das passive Beharrungsvermögen, das proportional zur Masse wächst, gemeint. Setzt man die fröhlichen Müllmänner erst mal in Schwung, muß man aufpassen, nicht selbst überrollt zu werden.
Und wenn sie einmal gestoppt werden, bekommt man sie nicht mehr in Fahrt. Das weiß die Gewerkschaft: würde sie zur Schlichtung Frieden wahren, wie es bisher üblich war, bekäme sie die Massen -im Falle eines Scheiterns der Schlichtung- nicht wieder auf die Streikbeine, das Streikziel ist einfach zu klein und ausgeruht haben sich jetzt alle genug.
Also lieber auf die Trägheitskräfte verlassen, man habe ja noch für ein Jahr Kaffee und Brötchen für alle.
Hoffentlich bleiben genug für die angestellten DGB- Gewerkschafter übrig, deren Forderung nach 2,5% Gehaltserhöhung vom Personalchef des DGB, Barnbeck, mit Hohngelächter kommentiert wurde.
Die Gewerkschaft könne man ja schließlich nicht bestreiken, so Frau Bengl vom Betriebsrat des DGB.
Denn schließlich: nur die "anderen" sind böse, sitzen zigarrerauchend auf Geldsäcken und wollen den bettelarmen Angestellten des öffentlichen Dienstes nichts abgeben, nicht mal ein wenig mehr Zeit zum shoppen.
Alles schon dagewesen: "die Partei, die Partei, die hat immmmer recht".

Dienstag, Februar 14, 2006

Ver.di - Schnittchen

Es gibt belegte Brötchen und eine gute "Tass Kaff", fröhliches Lachen hallt durch die Streikzentralen des öffentlichen Dienstes.
Die Müllmänner- und frauen, die Kindergärtnerinnen, Krankenschwestern und Organisatoren des größten Streiks seit 14 Jahren sind gut gelaunt. Die Streikkasse sei voll, verlautet es zufrieden aus der Organisatorenszene.
Unterdessen versinken Städte im Müll und die Überlebenschancen von Krebspatienten verringern sich.
Streikurabstimmung: "Wollt ihr ein paar Wochen bezahlte Pause machen oder nicht?" Die meisten wollen, wer ist schon Müllmann aus Passion?
Und schon verwandeln sich erwachsene Menschen in Vorschulkinder, ziehen sich eine Plastiktüte über die Winterjacke und trillern durch die Straßen. Optische und akustische Umweltverschmutzung; Knittelverse auf den Transparenten und -wer hätte das gedacht- der wichtige Hinweis: "Wir streiken" auf den Plastiküberziehern , die deren Träger in gröhlende Zeitungsaufsteller verwandeln.
"Ein bischen Spaß muß das alles ja auch machen", sagt ein Müllmann und beißt in sein Lachsbrötchen.

Fünf Uhr dreißig, Brandenburg/Havel: Schwester Ines geht zur Arbeit, Schichtdienst in der freien Wohlfahrt, ambulante Krankenpflege. Der Haustarif sichert ihr Achthundertsechzig Euro im Monat. Ihr Auto hat sie verkauft.
Machmal trinkt sie abends ein Glas Wein in ihrer Einraumwohnung, setzt sich unter das Dachfenster und sieht in die Sterne. Sie weiß: auf ihren Arbeitsplatz kommen 4 Bewerberinnen. Sie falzt den Weinkarton sorgfätig zu und schaltet den Fernseher an. Als der wild fuchtelnde Gewerkschaftsfunktionär seine Parolen ins Mikrofon schreit, ist sie eingeschlafen.

Es ist eine Lust, in der Spaßgesellschaft zu leben, mancher Spaß ist aber schwer zu ertragen.

Dienstag, Februar 07, 2006

Pöbeleien

Da ist er wieder, der brüllende Pöbel, nun globalisiert; mit hochmoderner Nachrichtentechnik versehen.
Es ist eben egal ob jemand mit einer Axt erschlagen wird oder unter einer Laserwaffe verdampft, Mord ist beides, das letzte Verfahren effektiver. Auch das Botschaften anzünden gestaltet sich mit modernen Brandsätzen leichter als mit Molotovs Benzinflaschen; inzwischen auch zu teuer, bei den Benzinpreisen. Und erst das Flaschenpfand!
Jedenfalls können nun über SMS und e-mail -in blitzesschnelle- Dänische Käsereien ruiniert werden.
Pöbel sein ist "ein Zustand", dabei ist es gleichgültig, was als Anlaß dient:
Fußball, Propheten, Juden, Christen, Kommunisten, Kapitalisten, Bhagwan, Neger, Nationalstolz oder die Weltanschauung Kreuzberger Streifenpolizisten.
Immer wird eine persönliche Unzufriedenheit -aus Mangel an Lebenszufriedenheit- auf eine Tapete übertragen, die einen "gerechten Anlaß", den "Dienst an irgendeiner Sache" bietet.
Dann kann die Sau rausgelassen werden, zur Freude der Fettaugen auf der ideologischen Suppe: den Führern.
Pöbeleien lassen sich gut instrumentalisieren.
Die Karrikaturen haben milimetergenau ihre Zielgruppe getroffen...

Donnerstag, Januar 26, 2006

Die Scham

Schäm dich...und ab in die Ecke, schimpfte der Lehrer manchmal.
In Ostdeutschland schämten sich 1990 der eine oder andere Funktionär für seine letzten 40 Lebensjahre, als wenn sie die ganze Zeit nicht bei Trost oder unzurechnungsfähig gewesen wären. Schamhaft wurden dann darüber Bücher geschrieben. Eine Weile war "schämen"modern.
Schamwände heißen die senkrechte Platten, die die Urinale auf dem Männerklo vor Nachbars Blicken schützen, aber eigentlich sind es Scheuklappen.
Mir wäre es angenehmer mit Scheuklappen herumzulaufen, als sich wie ein Kind, das in die Hose gemacht hat, schämen zu müssen.
Andererseits impliziert die "Scham" eine unspezifische Reue und Hilflosigkeit, signalisiert, daß man etwas Mitleid gebrauchen könnte. Der Scheuklappenträger dagegen ist einfach nur dämlich.

Nebenan ist so ein Kommunikations-Gemischtwarenladen: Copy-Shop, Telefonladen, Internetcafe. Man kann anonym in die Welt telefonieren und im usenet herumschimpfen.
Die Computerplätze sind mit Schamwänden abgegrenzt.
Das ist sinnvoll, ins Internet gepinkelt hat zwar noch niemand, ausgekotzt haben sich schon viele.
Aber vielleicht sind es doch Scheuklappen...

Montag, Januar 23, 2006

Heiße Zeiten

Mein lieber Herr Gesangsverein, minus 15 Grad in der Stadt. Da ist wohl nur noch dem Außenminister heiß; hat nun Frau O. oder hat sie nicht. Jedenfalls bewahrheitet sich die alte Bauernregel : wenn du eine Nachricht schnell und weit verbreiten möchtest, verbreite sie hinter vorgehaltener Hand, unter größter Geheimhaltung.
Der arme Steinmeier, dauernd muß er seine Vergangenheit ausbaden. Ihm scheint das Recht jeder neuen Regierung verwehrt, mit dem Finger auf die vorherige zu zeigen: "die warn`s".
Vielleicht wäre er besser Umweltminister geworden? Auch kein gemütlicher Job, wo jetzt die Bäume selbst zum Treibhauseffekt beitragen.

Donnerstag, Januar 19, 2006

Rasender Roland

Mit 60 km pro Stunde über den örtlichen Tempolimit hat er sich im Dezember letzten Jahres über "seine" hessische Autobahn chauffieren lassen, der Fürst von Hessen, Roland Koch.
Koch, berühmter Brutalaufklärer eigener Lügen, wäre nach 18 Stunden Arbeit müde gewesen und habe schnell nach Hause gewollt. Dann könne er so schnell fahren, wie er wolle, teilte ein Vertreter der hessischen Landesregierung mit.
Wenn er wenigstens irgendetwas landespolitisches zu retten gehabt hätte..
Aber so: wir haben es geahnt; Verkehrsschilder, gerade die geschwindigkeitsbegrenzenden, sind reine Schikanen und haben mit der Verkehrssituation nichts zu tun.
Und außerdem gilt ja bekanntlich: wenns keiner sieht, kann man alles machen, kommt es doch raus, hilft immer der Angriff als beste Verteidigung.

Samstag, Januar 14, 2006

Das Rad der Geschichte

Unaufhaltsam dreht es sich, knirschend oft, aber immer gleich schnell. "Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will". Das mag für alle möglichen Räder gelten, für das Rad der Geschichte gilt es nicht. Und da wir uns schon in den Niederungen der Bildersprache befinden, ist das Bild vom Staatslenker hoffentlich auch gestattet.
Seit Monaten lenkt eine Frau die Republik Deutschland durch die Zeiten. Wobei es eigentlich gleichgültig ist, ob eine sonore, niedersächsische Männerstimme oder ein flapsiger Uckermark-Dialekt die Floskeln spricht.
Ein Kanzler ist ja kein König mehr, der kraftvoll in der Schlacht voranreiten muß.
Und doch steht mit Kanzlerin Merkel eine Person zur richtigen Zeit auf dem richtigen Platz. Was unterscheidet Frau Dr. Merkel von der selbstzufriedenen "ruhigen Hand", die letztlich einfach erstarrte?

Die im Sozialstaat aufgewachsenen Beamten, Politiker und Lehrer sind mit der bundesdeutschen Krise offensichtlich überfordert.
Sie können nicht einmal etwas dafür, denn sie wissen ja nichts.
Sie sind Krisenmanagement nicht gewohnt. Da muß jemand her, der sich die Banane selbst erkämpft hat, dem sie nicht als Mitbringsel des Erhardschen Wirtschaftswunders automatisch ins Maul geflogen ist.
Durchgebissen hat sie sich, die Frau Dr. Merkel. Bis zum Abitur war das schon nicht einfach, denn es sollten ja nur zuverlässige Staatsbürger in die Sphäre der Intelligenz aufsteigen. Also hieß es den Buckel biegen, aber trotzdem das Gehen nicht verlernen; das diszipliniert! Ein Physikstudium war schwer zu ergattern. Da mußte der Klassenstandpunkt schon stimmen, zumal Frau Dr. Merkel einem eher dekadent geltenden Familienumfeld entstammt.
Philosophie, Politische Ökonomie und schließlich das Gebetsmühlenfach: wissenschaftlicher Kommunismus, das im Wesentlichen aus endlosen Wiederholungen der Siegesformel bestand.
Promoviert hat sie auch, also die Doktoranden-Seminare der heiligen Dreifaltigkeit des Marxismus noch einmal absolviert. Und da soll nichts hängen geblieben sein? Das glaube ich nicht!
Gegen Frau Dr. Merkel waren sie ahnungslose Amateurbundeskanzler : Herr Schröder, Herr Dr. Kohl; was wissen die denn von zyklischer Krise und allgemeiner Krise des Kapitalismus. Und das ist ihr Glück, denn nur aus Unwissenheit konnten sie die leeren Versprechungen glaubwürdig lackieren, denn sie glaubten ja wahrscheinlich tatsächlich dran.
Jeder Ostdeutsche über dreißig greift sich an den Kopf, wenn jemand verspricht, die Arbeitslosigkeit zu halbieren. Das geht nicht, und warum das nicht geht, hat vor fünfzehn Jahren jeder Leipziger Schüler schon mit 14 auswendig gelernt.