Montag, März 30, 2020

Wider das Vergessen: Nachtrag aus Friedenszeiten: Diesen Weg auf den Höhˋn...

...bin ich oft gegangen, Vöglein sangen Liiieda...
Ein bisschen Februarfrieden war Thüringen gegönnt; so wie Herbert Roth sich das wünschte. Weltbekannte, singende Frisöre waren seltene Vögel auf dem Rennsteig.
Zumindestens zwischen 1945 und 1989; da bestimmte die Partei der Arbeiterklasse, heute PDS, welche Lieder erklangen.
Der Herbert konnte von Glück sprechen, das er mit seiner Kapelle gutes Geld verdienen durfte; Kaiser Ulbricht gefiel das schlichte Geträller.
Inzwischen schwimmen viele eitle Vögel auf den trüben Gewässern der Macht im Land der Rostbrätel.
Betrachten sich zufrieden in den medialen Zerrspiegeln, die stets Schönheit und Klugheit widergeben, wenn die richtige Phrase erklungen ist: Könige und Königinnen ohne Kleider.
Ein Viertel der Untertanen hatte das wohl bemerkt und wollte den lächerlichen Hofstaat nicht mehr goutieren. 
Also suchten sie sich, unter den genehmigten Alternativen, ein anderes Herrscherhaus, das war blau statt rot oder grün. 
Die Kaiserin, die in der grossen, wilden Stadt residierte, äußerte sich nicht; letztlich waren die Blauen in der Unterzahl, konnten das Land nicht regieren. 
Vorsorglich hieben die kaiserlichen Propagandisten, die vierte Macht im Staate, schon mal auf die Blauen ein: die kämen aus den schwärzesten Höllen der Geschichte, in den Landtagen röche es nun nach Schwefel und Bittermandeln.
Außerdem hätten viele Blaue eine abgeschlossene Ausbildung, seien gar Doktoren oder ähnlich verdächtige Defätisten, Häretiker eben. So etwas wurde früher auf Scheiterhaufen verbrannt! 

Eine Zusammenarbeit mit denen sei daher -für aufrechte demokraturische Parteisoldaten- ausgeschlossen.
Das alte Regierungsprogramm der Caiserlich Demokraturischen Union wurde vernichtet, glich es doch den aktuellen Papieren der Widerborste wie ein Ei dem Anderen. 
Der CDU- Bannfluch liess nicht lange auf sich warten; drastischen Strafen hingen jetzt wie Damokelesschwerter über den unseligen Verirrten, die eine -wie auch immer geartete- Kontaktaufnahme mit den Blauen wagen würden.

Demokratische Wahl hin oder her, papperlapapp, das gälte ja nur, solange richtig gewählt würde. 
Gesetze sind nur gültig, wenn sie im Einklang mit der herrschenden Meinung sind.
Lächerlich: Freistaat!
Aber schon Orwell wußte:  manche sind eben etwas freier, manche weniger.
Und: Blau war schon immer die Farbe des Feindes.

Mittwoch, März 25, 2020

Landjäger

Hysterie in Schland. Klopapier wird gehamstert. Ausgerechnet Klopapier. Der Deutsche hat Angst, sich im Krisenfall nicht mehr dreilagig den Arsch abwischen zu können!
Auch wenn er sterbenskrank in Quarantäne sitzt- der Arsch ist sauber.
Aber vielleicht wird auch nur das halbe Land von Arschlöchern bewohnt.
Toilettenpapier, Nudeln, Reis und Mehl in Unmengen liegen im Korb, (weil man gehört hat, dass man das kaufen müsse). Sie haben in ihrem Leben nie gebacken und sagen, wenn sie später die leeren Regale sehen: wir haben alles richtig gemacht: "is ja allet alle"!

Die Lebensmittelkonzerne stecken das weg und werden in einem Monat nicht mehr wissen, wohin mit dem Geld, die Frage wird sein, wieviel es dann noch wert ist.
Die Presse heizt Panik an. Die vier "T": Titten, Tränen, Tiere, Tote.
Irgendwie war das alles zu ahnen. Von dem Augenblick an dem die Ansteckungswelle in China so brutal schnell anschwoll.
Altersweisheit? Eine höhere Sensibilität, die aus Erfahrungen entstanden ist und viele, sonst unbeachtete Anzeichen interpretiert und meistens richtig beurteilen kann? Ich weiß es nicht.

Was ist jetzt zu tun, was ist wichtig?
 Lebensmittel wird es ausreichend geben, Strom, Gas und Benzin werden weiter produziert, solange es noch Menschen gibt, die sie produzieren können.
Wen niemand mehr an den Werkbänken steht, ist alles zu Ende.
Dann stecken wir in einem Szenario, das Melancholia wie einen Kinderfilm scheinen lässt.

Denn das Sterben geht langsamer! Wie zerbrechlich, wie dünn ist die Hülle, die wir Zivilisation nennen. Aber das wissen wir, sie platzt ja auch immer mal wieder auf- in allen Kriegen.
Bis die Urinstinkte frei werden, braucht es aber noch eine deutliche Verschärfung der Lage, dann wird Klopapier vergessen sein: denn um Scheiße abwischen zu können, muss man erst einmal essen.

Montag, März 23, 2020

Aus-Flug

Im Flug den Berg hinab, über die Rinnen, Gleise, den ungepflasterten Nebenweg. Am Italiener, am Fleischer -in Sonntagsruhe- vorbei. Die Kälte beisst, die Russenpeitsche peitscht gegen den Oberkörper. Auf der Brücke, zwei Welten: geteilt nach links und rechts. Auf der Rückfahrt wird die Welt verkehrt sein, die bewegte Seite links, die Ruhige rechts.
Eine Gerade, die schwerer fällt; ich habe die Kälte unterschätzt. Ostwind ist oft härter als der weiche Westwind- so ist das, wenn die Russen kommen. Nach der Kurve fahre ich an einer Verteidigungslinie gegen Hundescheiße vorüber. Laminierte, multilinguale Rethorik gegen Gleichgültigkeit und den Egoismus flattert im Eishauch. Ellenbogen- Kindergarten Deutschland: Ordentlich den Arsch mit Papier abwischen- das ist hier das Maß für Lebensart im Pandemiezeitalter.
Woody Allen kann sich diese nationale Kuriosität nicht entgehen lassen. Aus "Krauts" werden gerade "Shits"; sei vorgemerkt für den nächsten Weltkrieg.
Auf der, für Durchgangsverkehr gesperrten, Straße ins Naturschutzgebiet fahren nur wenige Autos. Einige Hunde gehen aus, Kinder eiern lernbedürftig mit winzigen Fahrrädern von einer zu anderen Seite. Ich biege auf die Wiese ab; Ruhe.
Schiebe das Rad einige hundert Meter über frische Stoppeln. Ein Waldrand. Die Sonne wärmt. Ich bleibe länger stehen, auf einer nahen Lichtung schreit ein Kranich, dort stehen aber Zwei. Ich kann den Schreihals vom Stummen nicht unterscheiden; vielleicht schreien auch beide.
Über der weiten Wiese steht die Sonne, bedrohlich in ihrer Größe und Helligkeit. In spätestens zwei Monaten kann sie uns, wie in den letzten beiden Jahren, das Leben zur Hölle machen. Unablässig, unbarmherzig, brutal.
Heiß war es, von morgens bis Abends, kein Regen. Jetzt zeigt sie nur die Instrumente. Es ist Mitte März, Frühlingsanfang. Noch ist sie mild.
Die Landschaft beruhigt, ist interessant und eigentümlich. Unweit eine Insel mit geraden, dünne Stämmchen; im Kontrast zur ergrünenden Wiese und einer kahlen Linde. Die ewigen Tauben blöken von Weitem, sie stören nicht. Dann ist es still. Wind hebt an, aus dem Nichts schwebt leises Rauschen über die Wiese, ein Flüstern. Es dringt mir ins Gemüt: das "Einssein" mit dem erwachenden Frühling, ein befreiender Optimismus, der keinen Grund braucht, erfasst mich.
Es gibt keine Sorgen!
Natur ist Leben; es ist nicht nur der Wald, der heilt.