Donnerstag, Januar 26, 2006

Die Scham

Schäm dich...und ab in die Ecke, schimpfte der Lehrer manchmal.
In Ostdeutschland schämten sich 1990 der eine oder andere Funktionär für seine letzten 40 Lebensjahre, als wenn sie die ganze Zeit nicht bei Trost oder unzurechnungsfähig gewesen wären. Schamhaft wurden dann darüber Bücher geschrieben. Eine Weile war "schämen"modern.
Schamwände heißen die senkrechte Platten, die die Urinale auf dem Männerklo vor Nachbars Blicken schützen, aber eigentlich sind es Scheuklappen.
Mir wäre es angenehmer mit Scheuklappen herumzulaufen, als sich wie ein Kind, das in die Hose gemacht hat, schämen zu müssen.
Andererseits impliziert die "Scham" eine unspezifische Reue und Hilflosigkeit, signalisiert, daß man etwas Mitleid gebrauchen könnte. Der Scheuklappenträger dagegen ist einfach nur dämlich.

Nebenan ist so ein Kommunikations-Gemischtwarenladen: Copy-Shop, Telefonladen, Internetcafe. Man kann anonym in die Welt telefonieren und im usenet herumschimpfen.
Die Computerplätze sind mit Schamwänden abgegrenzt.
Das ist sinnvoll, ins Internet gepinkelt hat zwar noch niemand, ausgekotzt haben sich schon viele.
Aber vielleicht sind es doch Scheuklappen...

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