Montag, Juli 31, 2006

Blumengießen

An Journalisten vorbei schleppte vergangender Tage so mancher Lokalpolitiker einen Eimer Wasser. Den kippte er dann an den Stamm eines halbvertrockneten Baumes. Die Bürger sollten dasselbe tun, so die verbale Untermalung der beispiellosen PR- Aktion. Oder von Geziefer angefallene Kastanienblätter sammeln. Was macht eigentlich in diesen Zeiten das von den Bürgern steuerfinanzierte Gartenbauamt? Das muß seinen geplanten Aufgaben nachkommen, also zum Beispiel Edelstahlumzäunungen für verdurstende Bäume setzen, Verschönerungsarbeiten in den Parks vornehmen. Schließlich sind dafür Gelder eingestellt und bewilligt worden, und nicht für irgendeine ungeplant daherkommende Trockenheit. Das muß erst einmal durch den Senat, wie auch diese komische Motte, die sich bisher nicht in die Haushaltsdiskussion eingebracht hat. Vorschlag: einigen Verantwortlichen mal einen Eimer über den Kopf stülpen, dann kräftig draufhauen. Soll gegen Schluckauf helfen! Vielleicht hilft es auch gegen Ignoranz und Dämmerschlaf im Büro.

Donnerstag, Juli 27, 2006

... und überleben

D. sitzt auf der Bank vor seiner Stammkneipe. Er trinkt sein Bier langsam und bewußt. Heute hat er einen Autoschweller geschweißt, die Standuhr des Kneipers repariert und geölt, bei M´s das Bad zu fliesen begonnen. D. kann fast alles, alles außer Autofahren. Er hat keinen Führerschein und wird auch nie einen haben. Mit dem Tag ist er zufrieden, er hat einen Hunderter verdient. Für zwei Euro hat er jetzt Bier getrunken. D. zahlt und nimmt seine Werkzeugtasche. Dann geht er langsam über die Straße, nach Hause.
Gut 200 Bewerbungen hatte er losgeschickt, bis er einen Antrag auf "Verharzung" gestellt hat, das Leben muß ja weitergehen.
Keiner will D., es gibt genug Handwerker aus Osteuropa.
Er hatte keine Wahl, also blieb "Offener Vollzug" (Sozialhilfe) und nebenbei arbeiten, so ist er Schwarzarbeiter geworden.
Zu Hause rumsitzen kann er nicht. Alle kennen ihn: D. kann alles, ist pünktlich, D. pfuscht nicht.
Geht irgendwas kaputt im Bezirk heißt es: "geh zu D."
Was ist das für ein Land, in dem kriminelle Manager Sozialgesetze machen und sich zuverlässige Handwerker mit Schwarzarbeit durchs Leben schlagen müssen?
Land der Blender und Großmäuler: wo kein Kläger, ist auch kein Richter. Der ordentliche, deutsche Schein liegt wie Katzengold über den korrupten, machthungrigen Skulpturen in Politik und Wirtschaft.
Werbung im Schaufenster einer Berliner Boutique für Kunststoffhandtaschen: Das Material sei aus: "...echt Lederimitat", meistens ist es auch noch "...aus der Raumfahrt".

Nachtrag: Meister Propper am Ball

Vor etwa vier Wochen mitten in der Fußballzeit:

Die kreativste Werbeaktion, die ich bei "EXTRA" bisher gesehen habe. In einer Stunde spielen polnische gegen deutsche Fußballspieler. Zu diesem Anlaß hat EXTRA im Eingangsbereich eine Pyramide mit Putzmitteln aufgebaut. Eine Reihe "Meister Propper", Spülmittel, Scheuersand. Oben drauf die deutsche Fahne, gekrönt von dem Spruch: "Wir putzen die Polen weg". Hoffentlich sind die Reiniger stark genug, denn es wäre denkbar, daß sich polnische Supermärkte mit einer Gegenaktion wehren: "Wir fegen die Deutschen vom Platz"- polnische, handgebundene Besen haben große Fegekraft. Wenn den Deutschen dann ihre Toilettenreiniger um die Ohren fliegen, können sogar die allgegenwärtige Dreifaltigkeit: "Schwarz-Rot-Gold" im Essigreiniger verbleichen. Und womit soll dann der deutsche Patriot sein Deutschtum kundtun? Und wozu noch? Wobei mir jetzt schon rätselhaft ist, weshalb Autofahrer mit deutscher Autonummer deutsche Fahnen ins Seitenfenster klemmen, Einfamilienhäuser mit Deutschen Fahnen eingewickelt werden und eigentlich ganz hübsch anzusehende Menschen sich die drei Farben auf die Backe und in die Haaare schmieren.
"Der Deutsche braucht immer etwas, was vor ihm herflattert, und hinter dem er hermarschieren kann"- dann braucht er selbst nichts zu schaffen, auf das er stolz sein kann, sondern klebt seinen Stolz auf eine Fahne, eine Rune oder sonst irgendeine Tapete. Das ist einfach: je größer die Masse ist, mit der er die Symbole teilt, desto befugter fühlt er sich, in dessen Namen herumzupöbeln, Dummheiten anzurichten.