Mittwoch, Dezember 19, 2012

Entfaltung

Das ist so schön an der Demokratie: man kann sich entfalten, endlich!
Während man früher, von -beispielsweise der Kommunistenknute- klein zusammengefaltet, auf den ewigen Schulbänken der dreifaltigen Gesellschaftswissenschaft hockte, ging nach Neunzehnhundertneunundachzig das große Aufatmen durch die Reihen der Unterdrückten.
Es entfalteten sich Karrieristen, Egoisten und Opportunisten; Schwätzer, Spitzel und Spießer. Bis heute hält die Entfaltung an: man kann alles sagen, was man denkt, ausser gegen: den Klimawandel, den Fluch der Atomwirtschaft, die Ausländerkriminalität und freilaufende, glückliche Hühner.
Andere Themen kann man auf großen Plätzen herausschreien, aber es interessiert niemanden: die Frechheiten der GEZ, die moralische Verkommenheit von Ministern, die Kinder als Alkohol- Testkäufer benutzen wollen, oder gestohlene Daten zur Strafverfolgung nutzen (Steuer- CD).
Genausowenig interessiert das sozialpolitische Denkmal eines Wirtschaftskriminellen (Peter Harz), oder die gemütliche Residenz Zumwinkels, die so gar nicht der Unterkunft eines armen Schweines gleichen will, der den Staat um weit geringere Summen betrogen hat.
Helmut Kohl ist nie in Beugehaft gewesen (Ehrenwort), brutalstmögliche Aufklärer eigener Verfehlungen sind von der Bildfläche verschwunden.
Vergessliche Geldkofferträger wurden Bundesfinanzminister und ein DDR- Lehrer entfaltete sich zum Bildungsminister eines deutschen Landes (Rupprecht, Brandenburg).
Die Demokratie schreitet fort, wohin sie schreitet, ist an den generierten Verordnungen und Gesetzen abzulesen. Und da gibt es Hoffnung: so sollte das neue "Beschneidungsgesetz" als glorreicher  Schritt in die gesellschaftliche Zukunft angesehen werden.
Nur um Tage, Wochen -oder höchstens Monate- dürfte es sich handeln, bis dieses Vorbild gesellschaftlicher Toleranz  leuchtende Ableger gebiert. Zwingend wäre,  zu Beispiel, die Erweiterung des "Beschneidungsgesetztes" auf Mädchen -im Sinne der demokratischen, geschlechtlichen  Gleichberechtigung.

Oder eine gesetzlich verankerte Wahlmöglichkeit zwischen den Strafrechten der Religionen: Handabhacken und Steinigung wären preiswerte Alternativen zu langjährigen, teueren Gefängnisstrafen.

Anfrage an Radio Erewan: "Kann eine Demokratie demokratisch sein?"
"Im Prinzip ja, aber kann ein Zitronenfalter Zitronen falten?"

BBC