Dienstag, Februar 26, 2013

Kietzkommunikation

Hinunter bis zur Greifswalder Strasse, dort fährt die Strassenbahn: ein Hindernislauf.
Vor der Haustür blockieren mehrere Kinderwagen den Zugang zum Fussweg, die potentiellen Insassen taumeln ziellos über das winterglatte Pflaster. Mal zwischen den Beinen der Eltern herum, mal einfach so, nach links- oder rechts, unberechenbar. Alle wohlgestylten Eltern scheinen sich gut zu kennen, allen geht es “Super”, es wird mit aufgesetzter Gestik fabuliert. Die Sprache überdeutlich, die Worte bedeutungsschwer und wissend. Komiker Grillo, Berlusconi und ähnliche italienische Wahlsieger werden in der Berliner Szenestrasse “kommuniziert”. Warum immer wieder auf den Beruf Grillos hingewiesen wird, ist unklar. Schliesslich sollte ein guter Komiker einen besseren Politiker abgeben können, als ein krimineller Entertainer. Korrekt müsste es dann heissen: der Komiker Grillo und der Kriminelle Berlusconi… . Aber es ist immer nur Grillo, dessen Beruf an seinem Namen zu kleben scheint.
Vielleicht ist es der sprichwörtliche Deutsche Neid (der asozialen, eingewanderten Neudeppen vom Prenzlauer Berg) auf einen guten Komiker in der Regierung. Kriminelle hatten wir dort ja schon genug, aber leider nur schlechte Komiker.
Zugestöpselte Hipster stürmen auf Rempelkurs entgegen; halboffene Münder, die den Mimiken einen dämlichen Grundton aufprägt. Alle Augenblicke nuckeln sie an der zur Grundausstattung gehörenden Bierflasche oder irgendeinem “togo- Gesöff”.  Einer gähnt, dass man meint, die Pflastersteine unter ihm zählen zu können.
In der Strassenbahn lehnt ein Mann am Fenster, blickt auf den Verkehr und singt sehr leise. Es ist unglaublich ehrlich, unglaublich beruhigend…

Mittwoch, Dezember 19, 2012

Entfaltung

Das ist so schön an der Demokratie: man kann sich entfalten, endlich!
Während man früher, von -beispielsweise der Kommunistenknute- klein zusammengefaltet, auf den ewigen Schulbänken der dreifaltigen Gesellschaftswissenschaft hockte, ging nach Neunzehnhundertneunundachzig das große Aufatmen durch die Reihen der Unterdrückten.
Es entfalteten sich Karrieristen, Egoisten und Opportunisten; Schwätzer, Spitzel und Spießer. Bis heute hält die Entfaltung an: man kann alles sagen, was man denkt, ausser gegen: den Klimawandel, den Fluch der Atomwirtschaft, die Ausländerkriminalität und freilaufende, glückliche Hühner.
Andere Themen kann man auf großen Plätzen herausschreien, aber es interessiert niemanden: die Frechheiten der GEZ, die moralische Verkommenheit von Ministern, die Kinder als Alkohol- Testkäufer benutzen wollen, oder gestohlene Daten zur Strafverfolgung nutzen (Steuer- CD).
Genausowenig interessiert das sozialpolitische Denkmal eines Wirtschaftskriminellen (Peter Harz), oder die gemütliche Residenz Zumwinkels, die so gar nicht der Unterkunft eines armen Schweines gleichen will, der den Staat um weit geringere Summen betrogen hat.
Helmut Kohl ist nie in Beugehaft gewesen (Ehrenwort), brutalstmögliche Aufklärer eigener Verfehlungen sind von der Bildfläche verschwunden.
Vergessliche Geldkofferträger wurden Bundesfinanzminister und ein DDR- Lehrer entfaltete sich zum Bildungsminister eines deutschen Landes (Rupprecht, Brandenburg).
Die Demokratie schreitet fort, wohin sie schreitet, ist an den generierten Verordnungen und Gesetzen abzulesen. Und da gibt es Hoffnung: so sollte das neue "Beschneidungsgesetz" als glorreicher  Schritt in die gesellschaftliche Zukunft angesehen werden.
Nur um Tage, Wochen -oder höchstens Monate- dürfte es sich handeln, bis dieses Vorbild gesellschaftlicher Toleranz  leuchtende Ableger gebiert. Zwingend wäre,  zu Beispiel, die Erweiterung des "Beschneidungsgesetztes" auf Mädchen -im Sinne der demokratischen, geschlechtlichen  Gleichberechtigung.

Oder eine gesetzlich verankerte Wahlmöglichkeit zwischen den Strafrechten der Religionen: Handabhacken und Steinigung wären preiswerte Alternativen zu langjährigen, teueren Gefängnisstrafen.

Anfrage an Radio Erewan: "Kann eine Demokratie demokratisch sein?"
"Im Prinzip ja, aber kann ein Zitronenfalter Zitronen falten?"

BBC

Mittwoch, September 22, 2010

Feesbuck

Die meisten Menschen leben inzwischen allein, werden immer unzufriedender und egoistischer.
Dafür haben sie angeblich aber immer mehr Freunde.
Was auch immer darunter verstanden wird... .
Facebook gaukelt ihnen vor, dass, wenn zwei Menschen über ihre Speisefolge reden, diese befreundet sind.
Mental verkrüppelt sind sie, arme Schweine, kann man auch sagen.

Samstag, Oktober 31, 2009

Margots Wachtraum

Fünfzig Prozent der ehemaligen DDR- Bürgern gehe es heute schlechter als vor der Wende- meldet Margot Honecker - anlässlich des sechzigsten Jahrestages der DDR- Gründung- aus dem fernen Chile.
Leider hatte sie nie eine Ahnung vom DDR- Leben und sie hat sich, wie viele Angehörige der herrschenden Arbeiterklasse, offensichtlich nie bemüht, in die Tiefe der materiellen und geistigen Welt des Volkes hinabzusteigen. Hätten sie es nämlich getan, und wären sie noch dazu in der Lage gewesen, die Situation zu begreifen- wären die Chancen nicht schlecht gewesen, den lächerlichen Untergang zu verhindern. Oder ihn wenigstens mit einigem Stolz, statt mit fassungsloser Hilflosigkeit, zu ertragen

Freitag, Oktober 23, 2009

Wiedersehen

Im Keller des Discounters, abgestiegen in den Untergrund menschlicher Unzuläglichkeiten: Gier und Konsumwahn.
Zwischen den vermeintlich Hungernden- das stinkende Mädchen in Lumpen, dreht ein Glas Nußcreme hin- und her.
Sie stinkt wirklich, es ist nicht möglich zu sagen, wonach.
An ihr vorüber hetzen Konsumenten zur Kasse; "Na,das hat sich doch gelohnt"- steht über dem Kellereingang.
Nach einer halbe Stunde fährt die zerlumpte Frau ans Tageslicht, es hatte sich gelohnt, der Hunger war von grundsätzlichem Ekel abgelöst worden, diesem Ekel, dem sie schliesslich ihre Metamorphose verdankt.

Montag, September 03, 2007

Lebens-Mittel

Im Hauseingang sitzt eine abgerissene, junge Frau auf der Steinstufe, speckig- dunkele Hose und Hemd. Ihre helle Haut schimmert zwischen den Rissen durch. Wie ein absichtlich in Fetzen gehülles Kleinod. Sie blickt aufmerksam auf den weißen Becher in der linken Hand. Mit dem rechten Zeigefinger holt sie bedächtig grünliche Pampe aus dem Becher und steckt ihn in den Mund.
Sie ißt, ihre ganze Konzentration ist auf den einen, wichtigen Moment ausgerichtet: den beschmierten Zeigefinger in den Mund führen und ablecken, nur nichts daneben tropfen lassen.
Nichts und niemand kann sie in diesem Augenblick ablenken; würde sie zusammengeschlagen, vergewaltigt, erschossen oder verhaftet, sie würde sich nicht wehren.
Nur dieser Finger ist wichtig und das der Brei vollständig den Mund erreicht.
Das Kind an der Straßenecke gegenüber schmatzt an einem Eis herum, als es den Kopf seitlich neigt, um die Waffelseiten abzulecken, klatscht die Eiskugel auf das Pflaster. Der Junge starrt auf seinen matschigen, verlorenen Genuß, seine Fassungslosigkeit dauert Sekunden.
Dann sucht er Publikum, für das es sich lohnt, zu lamentieren.
Die junge Frau lehnt an der bröckligen Hauswand. Sie hat die Augen geschlossen und scheint zu schlafen.
Der Junge blickt sie lange an. Sieht die Zufriedenheit in ihrem Gesicht und den leeren Pappbecher neben den zerlöcherten Turnschuhen.
Die Obdachlose spürt sein Starren. Öffnet kurz die Augen und lächelt.
Das Kind weiß nicht, wie es reagieren soll. Seine Augen suchen Halt, nach einem Hinweis, der erklärt: warum lacht diese zerlumpte Hexe? .
Es findet nichts, dreht sich verwirrt zur Seite -Eis und Protest sind vergessen- und stolpert schließlich die Straße hinunter. Als er sich noch einmal umdreht, ist der Hauseingang leer, nur die dunkelbraune, abgeblätterte Farbe der alten Haustür erinnert an sein Schokoladeneis...

Mittwoch, März 21, 2007

Mond sein

Nun sind wir bald auch noch Mond. In fünf Jahren werden Germanen in einer Rakete zum Mond fliegen. Was die dort wollen? Ein bischen angeben vielleicht, Steine sammeln, mit einem Daimler herumfahren, eben das, was man auf dem Mond so macht.
In den Mond schauen ja schon einige: Rentner, Arbeitslose über fünfzig, Billigjobber.
Es ist eine geniale Idee, die auch noch dorthin zu schießen. Das klärt mit einem Schlag soziale Probleme...

Donnerstag, März 08, 2007

Deutscher Michel

Erst war er Papst, jetzt ist der deutsche Michel Europa. Seine Nachtmütze war zu nationalistisch seine Tabakspfeife zu ungesund.
Das Auto, mit dem er an Wochenenden manchmal Ausflüge machte, ist zu schmutzig für die Stadt. Außerdem sind Fahrverbote -natürlich am Wochenende- in der Diskussion.
Die das Sagen haben, rauschen am Michel vorbei; in schweren, steuerfreien Limousinen. Manchmal fliegen sie auch über ihn hinweg nach Mallorca, eine schwarze Kerosinwolke hüllt dann den Michel ein.
Die das Sagen haben machen Gesetze für den Michel; gute Gesetze, den der Michel soll lange gesund bleiben.
Er muß schließlich für das Ganze bezahlen...

Freitag, März 02, 2007

Manche mögens heiss...

Ich würde sie auf einhundertfünfzig Jahre schätzen; einhundertfünfzig Jahre hat es die Eckkneipenkultur in Berlin gegeben. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts waren Berliner Kneipen wichtige Treffpunkte im am dichtesten besiedelten Bezirk Europas: Prenzlauer Berg. Hier wurde gelacht gestritten, geraucht und getrunken. Kneipen waren das notwendige, kommunikative Ventil im engen Arbeiterbezirk, für viele ein zweites -gemütlicheres- Zuhause. Es bildeten sich Stammtische und besondere Riten (z. Bsp. klopfen auf die Tische beim kommen und gehen). Berliner Eckkneipen konnten mit anderen Lokalen nicht verwechselt werden.
Die Geschichte der Berliner Eckkneipen endet jetzt- im Jahr 2007 nach Christi.
Raucher werden zu mühsam geduldeten "Gesetzlosen" in Räucherkammern; der Logik des Geschehens im vereinten Europa folgend, wird Alkohol als nächstes verboten.

Gab es ja alles schon: wer erinnert sich nicht an den fröhlichen Prohibitions- Film mit Jack Lemmon. Noch konsequenter: im 17. Jahrhundert wurden Raucher in Deutschland einfach hingerichtet.
Aber die Todesstrafe gibts hier nicht mehr, oder noch nicht wieder.
Wenn dann fahle Gutmenschen in meiner Eckkneipe an polierten Edelstahltischen stumm an ihrem Apfelsaft nippen, ziehen wir durch die übriggebliebenen Hinterhöfe.
Zu den Wochenend-Grillmeistern, die Bier über Schweinekamm spritzen und lachend ihren Frauen auf den Hintern klapsen.
Und wenn auch das verboten ist, dann gehen wir eben in den Reichstag, eine rauchen...

Freitag, Februar 16, 2007

RAF

Brigitte Mohnhaupt wird nach 24 Haftjahren entlassen!
Die Buntpresse jault moraltriefend auf.
Aber man muß sich die Veränderungen in Deutschland mal vorstellen, an die sie sich anpassen muß:

1. Die "Gesellschaftsalternative" ist weg, das kapitalistische System hat den kalten Krieg gewonnen.
2. Die soziale Marktwirtschaft geht auch gerade unter, wird von einem Raubkapitalismus abgelöst.
3. Das Bankgeheimnis ist abgeschafft.
4. Sie wird rund um die Uhr belauscht.
5. Fall sie noch ein altes Auto hat, kann sie bald nicht mehr durch die Innenstädte fahren.
6. Raucher sind zu Ungeheuern mutiert.
7. Die NPD sitzt in deutschen Landtagen.
8. Eine DDR- Pastorentochter, die als "Sekretärin für Agitation und Propanganda der FDJ" ihren festen, sozialistischen Klassenstandpunkt demonstrierte, spielt Bundeskanzlerin.

Wenn Frau Mohnhaupt nach ein paar Tagen Freiheit nicht schreiend ins Gefängnis zurückläuft, dann ist sie wirklich "resozialisiert", d.h. vollkommen erledigt.

Freitag, Januar 26, 2007

Winter

Ein paar Schneeflocken sind gefallen. Im Hain schuppern erste Schlittenkufen ihren Rost auf der Grasnabe ab.
So richtiges Rodeln ist das noch nicht. Mit Peter Hartz ist auch nicht richtig Schlitten gefahren worden, zuviel Kies...

Mittwoch, Januar 17, 2007

Gewaschen und rasiert...

Der deutsche Arbeitsmarkt springt an, erst langsam, nun immer schneller.
Ein wenig quietschen noch eingerostete Gelenke, die Verharzten waschen und rasieren sich.
Und dann gehts endlich los:
Informatiker werden gesucht, Computerfachleute, um die zwanzig, verhandlungssicheres Englisch, Spanisch und/oder Französisch wären von Vorteil. Natürlich ist auch etwas Berufserfahrung gefragt, so zehn bis Fünfzehn Jahre wären angemessen. Dafür gibts dann auch eine angemessene Entlohnung, mindestens doppelt soviel wie in Chenzou....
Harzens Peter steht inzwischen vor Gericht. Er hat sich erwischen lassen.
Aber bald brauchen wir ja seine Gesetze nicht mehr; die Vollbeschäftigung winkt auch den Trinkern von Prenzlauer Berg. Nur ein bischen umschulen lassen müssen sie sich noch: zum Manager oder IT-Profi beispielsweise.
Alles kein Problem, und in den Bäumen zwitschern die Vögel ihr Frühlingslied, am 17. Januar 2007.

Samstag, Dezember 09, 2006

action!

Da hat nun wieder ein geistesgestörter Schüler mit Pistolen um sich geschossen. Und schon schnellen die Kasper aus den Schachteln:
Schuldkasper: Internet und die Eltern sind schuld
Karrierekasper: nun profilier dich endlich, oder willst du ewig in der Provinzregierung rumhängen; diese Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder.
Actionkasper: Internet verbieten, Waffenkäufe erschweren.

Würde man den Geschlechtstrieb verbieten, wäre das "Kinderpornoproblem" gelöst.

Sonntag, Oktober 22, 2006

Endlich!

Darauf haben wir alle lange gewartet. Endlich fasst sich ein Discounter ein Herz und bietet es, pünktich vor Totensonntag, an.
Die erste vollautomatische Grableuchte für einen Spottpreis. Solarbetrieben, mit Leuchtmittel, aus unzerstörbarem Plastik und diebstahlsicher.
So wird das Gedenken eingefroren, ist zu einer Maschine verkommen, selber tot. Automatische Totenehrung: die Anteilnahme kann für andere Anlässe gespart werden.
So sollte man der verstorbenen Trauerfähigkeit ein Grablicht spendieren-
mit einer echten Kerze.

Montag, Oktober 09, 2006

Schwarze Vögel

Mal wieder können wir die Metamorphose der ostdeutschen Küste studieren. In Zingst dem Hauptstädtchen der Ostseehalbinsel Dars wird eifrig Geld verdient. Gut, das wird überall getan, aber Methoden und Dimensionen unterscheiden sich beträchtlich. Vor allem fragen wir uns wieder einmal, warum die blose Existenz der Ostsee aus braven Eingeborenen unverschämte Gierhälse macht? Vielleicht verführen sturmumtobte Küsten, also gewissermaßen die Existenz der Urgewalten vor der Haustür, zum Hervorbrechen versteckter Extreme des menschlichen Charakters, wie der schamlosen Raffsucht oder der Neigung zu extremen Ansichten.
Wie dem auch sei, jedenfalls toben an den ostdeutschen Küsten die Despoten des Geldes und der Macht. "Waffel-Maik" ist da nur ein kleines Licht im bunten Reigen fliegender Hochpreisakrobaten. Er brät und verkauft seine Eierkuchen von einer rustikalen Holzkarre aus. Man wartet in der Schlange und hat Zeit, das Ambiente genauer zu betrachten. Die großen, hölzernen Speichenräder seiner Karre hört man förmlich über die alten Katzenköpfe poltern und knarren. Aber Katzenkopfpflaster gibt es nur noch selten und die großen Räder sind am Wagen festgeschraubt, die können sich nicht drehen.
An den Unterseiten der Räderfelgen ist eine zusätzliche Achse befestigt. Die zwei flinken Ballonreifen daran, lassen Waffelmaik jeden Morgen geschwind über den Zingster Asphalt auf seine Abzockposition flitzen. Und dann werden die "Touris" gemolken. Aber auch die Betreiber des Parkplatzes an der Düne 6 haben einen an der Waffel. Fünfzehn Euro werden für eine einfache Übernachtung, im eigenen Auto, neben der Straße verlangt. Da fliehen wir weiter an den Ostzipfel der Insel, nach Pramort, einem ehemaligen Schießplatz. Dort zogen vor dreißig Jahren russische Militärlaster fünf Tonnen schwere Fla-Kanonen durch den Küstenschlamm. Außerdem flogen Handgranaten, 100mm- Geschosse, und Kalaschnikow- Salven über die Ebene und oft ins Meer. Am ehemaligen Kontrollpunkt, am Eingang des Gebietes, steht nun eine Tafel mit Drohungen. Das Gebiet gehört inzwischen militanten Naturschützern, und die bestimmen die Regeln. Erst einmal ist Eintritt zu zahlen, dann wird eine Kleiderordnung verfügt: unauffällg und dezent solle der Besucher daherkommen, unnötige Bewegungen vermeiden, Lärm sowieso. Schließlich habe jedermann um drei Uhr Nachmittags aus dem Gebiet verschwunden zu sein.
Denn hier flögen misantrophische Kraniche herum und die können das alles gar nicht leiden.
Ich denke an alte Zeiten: der Ostkranich saß auf der Panzeratrappe bis die Granate nebenan einschlug. Vorbei, nun haben die Westkraniche das Sagen und die fliehen panisch bis Afrika, wenn ein Wandersmann furzt.
Auf dem Radweg, der längs der Küste von Ost nach West führt, fahren kleine, behelmte Knder herum. Mit ihren überdimensionalen Köpfen sehen sie wie Playmobilfiguren aus und scheinen jeden Augenblick umzukippen. Eine Barbiepuppe wankt an Kohlefaserstöcken gen Osten. Zwei Nonnen: schwarze Kutten, weiße Hauben. Sie bewegen sich langsam, schweben fast -wie die ewig hungrigen Ostseemöven- über die Insel.

Donnerstag, September 07, 2006

Quak-Quak-Broad...

Vodafone will mal wieder was verkaufen:
"WebConnectFairFlat National im UMTS Broadband", dazu gehöre natürlich eine "FairFlat-Policy" und Revolutionen werden stattfinden: im mobilen Downlink und im Uplink.
Die flache Polizei soll bleiben wo sie ist, ich mag auch keine Revolutionen.
Aber eigentlich weiss ich nicht, was die verkaufen wollen...

Freitag, August 18, 2006

Ordentlich und fleißig...

Manchmal ist die Stadt schwer auszuhalten, gerade jetzt.. Es ist Wahlkampf in Berlin, die verschiedenen Bewerber um die kommunalen Vakanzen grinsen von den Laternen. Also flüchtet man aufs Land, auf einen kleinen Zeltplatz an der Ostsee.
Da stehen sie , die großen Aushängeschilder bürgerlicher Tugenden; Wohnmobile mit riesigen Außmaßen. Schicke, weißgekleidete Damen schlendern zwischen den 100.000 Euro- Wohnstuben herum. Der Hausherr drückt auf verschiedene Knöpfchen: Markise ausfahren, zuviel Wind, Markise einfahren. Es summt und brummt an allen Ecken. Staubsauger saugen den Ostseesand vom Vortage ein, der Grill wird für den nächsten Einsatz poliert. Nur Rasen wird hier nicht gemäht, es ist keiner da.
An der Rezeption ist die Entsorgungsstelle, hier werden die Brauchwassertanks abgelassen, Toilette in den Fäkalienausguß kippen kostet zwei Euro extra.
Und hier zeigen sich eine weitere Tugend des Deutschen Volkes: Sparsamkeit.
Im Sichtschutz der Autoflanke schüttet ein Wohnmobilist seine Campingtoilette- statt in den Fäkalausguß- in den Wasserausguß. Seine in sanfte Pastelltöne gekleidete Blondine sieht ungerührt zu, wie ihr Kot und Urin in in das Spülwasser platscht, sie wird nicht einmal rot dabei.
Wieder zwei Euro gespart.
Es leben die deutschen Gartenzwerge, nur wenn sie sich unbeobachtet fühlen, dann sollte man wegsehen, damit man nicht auf ihre Playmobile kotzt.

Montag, Juli 31, 2006

Blumengießen

An Journalisten vorbei schleppte vergangender Tage so mancher Lokalpolitiker einen Eimer Wasser. Den kippte er dann an den Stamm eines halbvertrockneten Baumes. Die Bürger sollten dasselbe tun, so die verbale Untermalung der beispiellosen PR- Aktion. Oder von Geziefer angefallene Kastanienblätter sammeln. Was macht eigentlich in diesen Zeiten das von den Bürgern steuerfinanzierte Gartenbauamt? Das muß seinen geplanten Aufgaben nachkommen, also zum Beispiel Edelstahlumzäunungen für verdurstende Bäume setzen, Verschönerungsarbeiten in den Parks vornehmen. Schließlich sind dafür Gelder eingestellt und bewilligt worden, und nicht für irgendeine ungeplant daherkommende Trockenheit. Das muß erst einmal durch den Senat, wie auch diese komische Motte, die sich bisher nicht in die Haushaltsdiskussion eingebracht hat. Vorschlag: einigen Verantwortlichen mal einen Eimer über den Kopf stülpen, dann kräftig draufhauen. Soll gegen Schluckauf helfen! Vielleicht hilft es auch gegen Ignoranz und Dämmerschlaf im Büro.

Donnerstag, Juli 27, 2006

... und überleben

D. sitzt auf der Bank vor seiner Stammkneipe. Er trinkt sein Bier langsam und bewußt. Heute hat er einen Autoschweller geschweißt, die Standuhr des Kneipers repariert und geölt, bei M´s das Bad zu fliesen begonnen. D. kann fast alles, alles außer Autofahren. Er hat keinen Führerschein und wird auch nie einen haben. Mit dem Tag ist er zufrieden, er hat einen Hunderter verdient. Für zwei Euro hat er jetzt Bier getrunken. D. zahlt und nimmt seine Werkzeugtasche. Dann geht er langsam über die Straße, nach Hause.
Gut 200 Bewerbungen hatte er losgeschickt, bis er einen Antrag auf "Verharzung" gestellt hat, das Leben muß ja weitergehen.
Keiner will D., es gibt genug Handwerker aus Osteuropa.
Er hatte keine Wahl, also blieb "Offener Vollzug" (Sozialhilfe) und nebenbei arbeiten, so ist er Schwarzarbeiter geworden.
Zu Hause rumsitzen kann er nicht. Alle kennen ihn: D. kann alles, ist pünktlich, D. pfuscht nicht.
Geht irgendwas kaputt im Bezirk heißt es: "geh zu D."
Was ist das für ein Land, in dem kriminelle Manager Sozialgesetze machen und sich zuverlässige Handwerker mit Schwarzarbeit durchs Leben schlagen müssen?
Land der Blender und Großmäuler: wo kein Kläger, ist auch kein Richter. Der ordentliche, deutsche Schein liegt wie Katzengold über den korrupten, machthungrigen Skulpturen in Politik und Wirtschaft.
Werbung im Schaufenster einer Berliner Boutique für Kunststoffhandtaschen: Das Material sei aus: "...echt Lederimitat", meistens ist es auch noch "...aus der Raumfahrt".

Nachtrag: Meister Propper am Ball

Vor etwa vier Wochen mitten in der Fußballzeit:

Die kreativste Werbeaktion, die ich bei "EXTRA" bisher gesehen habe. In einer Stunde spielen polnische gegen deutsche Fußballspieler. Zu diesem Anlaß hat EXTRA im Eingangsbereich eine Pyramide mit Putzmitteln aufgebaut. Eine Reihe "Meister Propper", Spülmittel, Scheuersand. Oben drauf die deutsche Fahne, gekrönt von dem Spruch: "Wir putzen die Polen weg". Hoffentlich sind die Reiniger stark genug, denn es wäre denkbar, daß sich polnische Supermärkte mit einer Gegenaktion wehren: "Wir fegen die Deutschen vom Platz"- polnische, handgebundene Besen haben große Fegekraft. Wenn den Deutschen dann ihre Toilettenreiniger um die Ohren fliegen, können sogar die allgegenwärtige Dreifaltigkeit: "Schwarz-Rot-Gold" im Essigreiniger verbleichen. Und womit soll dann der deutsche Patriot sein Deutschtum kundtun? Und wozu noch? Wobei mir jetzt schon rätselhaft ist, weshalb Autofahrer mit deutscher Autonummer deutsche Fahnen ins Seitenfenster klemmen, Einfamilienhäuser mit Deutschen Fahnen eingewickelt werden und eigentlich ganz hübsch anzusehende Menschen sich die drei Farben auf die Backe und in die Haaare schmieren.
"Der Deutsche braucht immer etwas, was vor ihm herflattert, und hinter dem er hermarschieren kann"- dann braucht er selbst nichts zu schaffen, auf das er stolz sein kann, sondern klebt seinen Stolz auf eine Fahne, eine Rune oder sonst irgendeine Tapete. Das ist einfach: je größer die Masse ist, mit der er die Symbole teilt, desto befugter fühlt er sich, in dessen Namen herumzupöbeln, Dummheiten anzurichten.