Mittwoch, Mai 13, 2020

Ökologisten

Endlich kam der Regen. Nach 4 Wochen Trockenheit. Menschen und Pflanzen atmeten auf.
Am Tag darauf kamen die Maschinen- und sie waren laut.
Den Lärm kannte ich. Und ich hasse ihn. Kleine, kreischende Benzinmotoren, die verlängerte Arme des Gartenbauamtes durch die Flora treiben- und mich in den Wahnsinn.
Kosmonauten auf Invasionskurs. Kantenschneider mit dünnen, schnell rotierenden Plasikpeitschen, rasieren den mühevoll gewachsenen Rasen ab. Dann pustet der Laubbläser ein paar Blätter, Staub und Hundscheiße irgendwo hin.
In orangen Raumanzügen,  Teletubbikopfhöhren und grimmigen Gesichtern hinter Plastikvisieren, stapfen die amtlichen Inquisitoren am Straßenrand entlang.
Martialische Kämpfer für uniformiertes Grün. Ritsch-Ratsch, weg damit; alles, was einen Zentimeter über den Boden ragt, muss ab. Blumen, Gräser, Baumtriebe.
Irgendjemand hat mal den Begfriff "Gartennazi" erfunden. Es erhebt die Seele, Macht auszuüben, ein bischen Gott zu sein.
Einer rast mit einem Mähtraktor hin- und her. Sitzt verkrampft vornübergebeugt, starrer Blick, schruppt Kilometer.
Zum Schluss kommen Motorsäge und Häcksler. Mir fällt eine alte BSR-Werbung ein: "Müllmann aus Leidenschaft".
Klar sind wir für die Bienen und all das andere Zeug. Aber nicht hier. Hier gibt es amtliche  Dienstanweisungen, wie alles auszusehen hat! Und daran haben sich auch Scheiß-Bienen oder sonstiges Viehzeug zu halten....

Sonntag, Mai 03, 2020

YES 1977

Awaken

Schweben, fliegen,
in körpergleichem Liquor. 
Jedes Mal eine Geburt, Glück, Extase.
Wieder- und wieder; bis verbraucht Es
Ist: Höher, Weiter, Schneller.
Nicht mehr zu fassen, Nichts mehr da.
Freud-los, in Gleichmut erstarrt.

Fade to gray

Lesen lernen

Lesen muss neu gelernt werden. Die Mimik der Mitmenschen ist unter Stofftüchern verborgen. Es bleiben die Augen und die Stirn. Und es bleibt die Maske selbst, das Material, Gestaltung und Farbe.
Es unterscheidet sich der Frickler vom meditativen Edelbastler. Die gekaufte Spießermaske steht gegen Staubsaugertüten der Ignoranten. Dann der Ängstliche, der irgendwo eine FFP3 ergattern konnte. Aber vielleicht war er ja Chirurg?
Der Mensch mit Gasmaske wirkt dagegen eher etwas anachronistisch oder besser martialisch. Doch hatte Macron nicht von "Krieg" gesprochen?
Manche Schneider verzieren die neumodischen Gesichtsbekleidung mit Mündern, Nasen und Bärten. Das ist irritierend, ein wenig erinnern die statischen Grafiken an Mexikanische Totenfestverkleidung. Aber immer noch besser als die Aufarbeitung von gepunkteten Damenunterhosen aus den Sechzigern des letzten Jahrhunderts. Selbst diesen Modellen kann man eine gewisse Logik nicht versagen:
Der Menschen untere Öffnungen werden ja gemeinhin durch Schlüpfer verborgen. Nun auch noch die oberen, nur die Ohren sind noch offen. Schnauze halten, hört, was euch die Obrigkeit zu sagen hat. Die Korona-Maske als Stigma des gemeinen Volkssklaven unter der mentalen Knute eines dilettierenden Opportunisten.
Entscheidungen abgewogen und getroffen nach analysierter Zustimmung von Hauptwählergruppen und Zeitungsbesitzern. Sie werden vom opportunistischen Basispostulat legalisiert: "So vieles ist möglich, die Auswirkungen sind eh nicht vorhersehbar, letztendlich lässt sich hinterher alles uminterpretieren, und so schlimm wird es schon nicht kommen". Damit kann man ruhig schlafen gehen, denn egal in welcher Entscheiderebene man sich befindet, die Verantwortung wird so automatisch in erträglichen Grenzen gehalten.

Jetzt ist es anders: Wer heute die falsche Entscheidung trifft, oder eine Entscheidung, die vom Souverän als falsch angesehen werden kann, ist erledigt.
 Und das wird in Geschichtsbücher geschrieben!

Virenpolitik fordert geistige Fixierung; einen Standpunkt, von dem aus entschieden wird. Für einen Opportunisten unerträglich, Endstation: Wahnsinn.
Ständig drehen sich die gleichen Gedanken im Kreis; finden weder Anfang noch Ende: was wäre wenn?.
Nichts tun geht auch nicht; das Volk murrt immer lauter, die Wirtschaft stirbt.
Ein Ausweg: unser Opportunist wird -von einer Partei oder irgendeinem Umstand- zu einer Entscheidung gezwungen.
Er kann dann  eindringlich vor Konsequenzen warnen und unter theatralem Protestgeheul agieren. War es falsch, hat er gewarnt; war es richtig, werden angesichts des Erfolges, seine Einwände bald vergessen sein. Ruhm und Nachruhm wären sicher. schließlich trug er ja die Herrscherkrone.
Aber was, wenn nur noch Opportunisten Politiker spielen?

Montag, März 30, 2020

Wider das Vergessen: Nachtrag aus Friedenszeiten: Diesen Weg auf den Höhˋn...

...bin ich oft gegangen, Vöglein sangen Liiieda...
Ein bisschen Februarfrieden war Thüringen gegönnt; so wie Herbert Roth sich das wünschte. Weltbekannte, singende Frisöre waren seltene Vögel auf dem Rennsteig.
Zumindestens zwischen 1945 und 1989; da bestimmte die Partei der Arbeiterklasse, heute PDS, welche Lieder erklangen.
Der Herbert konnte von Glück sprechen, das er mit seiner Kapelle gutes Geld verdienen durfte; Kaiser Ulbricht gefiel das schlichte Geträller.
Inzwischen schwimmen viele eitle Vögel auf den trüben Gewässern der Macht im Land der Rostbrätel.
Betrachten sich zufrieden in den medialen Zerrspiegeln, die stets Schönheit und Klugheit widergeben, wenn die richtige Phrase erklungen ist: Könige und Königinnen ohne Kleider.
Ein Viertel der Untertanen hatte das wohl bemerkt und wollte den lächerlichen Hofstaat nicht mehr goutieren. 
Also suchten sie sich, unter den genehmigten Alternativen, ein anderes Herrscherhaus, das war blau statt rot oder grün. 
Die Kaiserin, die in der grossen, wilden Stadt residierte, äußerte sich nicht; letztlich waren die Blauen in der Unterzahl, konnten das Land nicht regieren. 
Vorsorglich hieben die kaiserlichen Propagandisten, die vierte Macht im Staate, schon mal auf die Blauen ein: die kämen aus den schwärzesten Höllen der Geschichte, in den Landtagen röche es nun nach Schwefel und Bittermandeln.
Außerdem hätten viele Blaue eine abgeschlossene Ausbildung, seien gar Doktoren oder ähnlich verdächtige Defätisten, Häretiker eben. So etwas wurde früher auf Scheiterhaufen verbrannt! 

Eine Zusammenarbeit mit denen sei daher -für aufrechte demokraturische Parteisoldaten- ausgeschlossen.
Das alte Regierungsprogramm der Caiserlich Demokraturischen Union wurde vernichtet, glich es doch den aktuellen Papieren der Widerborste wie ein Ei dem Anderen. 
Der CDU- Bannfluch liess nicht lange auf sich warten; drastischen Strafen hingen jetzt wie Damokelesschwerter über den unseligen Verirrten, die eine -wie auch immer geartete- Kontaktaufnahme mit den Blauen wagen würden.

Demokratische Wahl hin oder her, papperlapapp, das gälte ja nur, solange richtig gewählt würde. 
Gesetze sind nur gültig, wenn sie im Einklang mit der herrschenden Meinung sind.
Lächerlich: Freistaat!
Aber schon Orwell wußte:  manche sind eben etwas freier, manche weniger.
Und: Blau war schon immer die Farbe des Feindes.

Mittwoch, März 25, 2020

Landjäger

Hysterie in Schland. Klopapier wird gehamstert. Ausgerechnet Klopapier. Der Deutsche hat Angst, sich im Krisenfall nicht mehr dreilagig den Arsch abwischen zu können!
Auch wenn er sterbenskrank in Quarantäne sitzt- der Arsch ist sauber.
Aber vielleicht wird auch nur das halbe Land von Arschlöchern bewohnt.
Toilettenpapier, Nudeln, Reis und Mehl in Unmengen liegen im Korb, (weil man gehört hat, dass man das kaufen müsse). Sie haben in ihrem Leben nie gebacken und sagen, wenn sie später die leeren Regale sehen: wir haben alles richtig gemacht: "is ja allet alle"!

Die Lebensmittelkonzerne stecken das weg und werden in einem Monat nicht mehr wissen, wohin mit dem Geld, die Frage wird sein, wieviel es dann noch wert ist.
Die Presse heizt Panik an. Die vier "T": Titten, Tränen, Tiere, Tote.
Irgendwie war das alles zu ahnen. Von dem Augenblick an dem die Ansteckungswelle in China so brutal schnell anschwoll.
Altersweisheit? Eine höhere Sensibilität, die aus Erfahrungen entstanden ist und viele, sonst unbeachtete Anzeichen interpretiert und meistens richtig beurteilen kann? Ich weiß es nicht.

Was ist jetzt zu tun, was ist wichtig?
 Lebensmittel wird es ausreichend geben, Strom, Gas und Benzin werden weiter produziert, solange es noch Menschen gibt, die sie produzieren können.
Wen niemand mehr an den Werkbänken steht, ist alles zu Ende.
Dann stecken wir in einem Szenario, das Melancholia wie einen Kinderfilm scheinen lässt.

Denn das Sterben geht langsamer! Wie zerbrechlich, wie dünn ist die Hülle, die wir Zivilisation nennen. Aber das wissen wir, sie platzt ja auch immer mal wieder auf- in allen Kriegen.
Bis die Urinstinkte frei werden, braucht es aber noch eine deutliche Verschärfung der Lage, dann wird Klopapier vergessen sein: denn um Scheiße abwischen zu können, muss man erst einmal essen.

Montag, März 23, 2020

Aus-Flug

Im Flug den Berg hinab, über die Rinnen, Gleise, den ungepflasterten Nebenweg. Am Italiener, am Fleischer -in Sonntagsruhe- vorbei. Die Kälte beisst, die Russenpeitsche peitscht gegen den Oberkörper. Auf der Brücke, zwei Welten: geteilt nach links und rechts. Auf der Rückfahrt wird die Welt verkehrt sein, die bewegte Seite links, die Ruhige rechts.
Eine Gerade, die schwerer fällt; ich habe die Kälte unterschätzt. Ostwind ist oft härter als der weiche Westwind- so ist das, wenn die Russen kommen. Nach der Kurve fahre ich an einer Verteidigungslinie gegen Hundescheiße vorüber. Laminierte, multilinguale Rethorik gegen Gleichgültigkeit und den Egoismus flattert im Eishauch. Ellenbogen- Kindergarten Deutschland: Ordentlich den Arsch mit Papier abwischen- das ist hier das Maß für Lebensart im Pandemiezeitalter.
Woody Allen kann sich diese nationale Kuriosität nicht entgehen lassen. Aus "Krauts" werden gerade "Shits"; sei vorgemerkt für den nächsten Weltkrieg.
Auf der, für Durchgangsverkehr gesperrten, Straße ins Naturschutzgebiet fahren nur wenige Autos. Einige Hunde gehen aus, Kinder eiern lernbedürftig mit winzigen Fahrrädern von einer zu anderen Seite. Ich biege auf die Wiese ab; Ruhe.
Schiebe das Rad einige hundert Meter über frische Stoppeln. Ein Waldrand. Die Sonne wärmt. Ich bleibe länger stehen, auf einer nahen Lichtung schreit ein Kranich, dort stehen aber Zwei. Ich kann den Schreihals vom Stummen nicht unterscheiden; vielleicht schreien auch beide.
Über der weiten Wiese steht die Sonne, bedrohlich in ihrer Größe und Helligkeit. In spätestens zwei Monaten kann sie uns, wie in den letzten beiden Jahren, das Leben zur Hölle machen. Unablässig, unbarmherzig, brutal.
Heiß war es, von morgens bis Abends, kein Regen. Jetzt zeigt sie nur die Instrumente. Es ist Mitte März, Frühlingsanfang. Noch ist sie mild.
Die Landschaft beruhigt, ist interessant und eigentümlich. Unweit eine Insel mit geraden, dünne Stämmchen; im Kontrast zur ergrünenden Wiese und einer kahlen Linde. Die ewigen Tauben blöken von Weitem, sie stören nicht. Dann ist es still. Wind hebt an, aus dem Nichts schwebt leises Rauschen über die Wiese, ein Flüstern. Es dringt mir ins Gemüt: das "Einssein" mit dem erwachenden Frühling, ein befreiender Optimismus, der keinen Grund braucht, erfasst mich.
Es gibt keine Sorgen!
Natur ist Leben; es ist nicht nur der Wald, der heilt.

Samstag, Oktober 12, 2019

Mit uns geht- die neue Zeit; irgendwo hin...

Die Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus ist beendet. Der kalte Krieg ist somit vorbei.
Diktaturen in Europa gibt es nicht mehr; es herrschen nun Demokratie und Meinungsvielfalt. In Albanien vielleicht nicht so ganz. Aber liegt das überhaupt in Europa?
Die demokratische Meinungsfreiheit gilt natürlich nur für die richtige Meinung! Die muss täglich neu verifiziert  und zementiert werden.  Meinung bekommt man nicht geschenkt. Deshalb bietet sich eine morgentliche Zeitungsschau an: gegen 6.30 Uhr, so wie ich es aus der Schulzeit kenne. Einer liest dann die richtige Meinung vor und die Zuhörer verinnerlichen im Halbschlaf das tägliche, mentale Brot. An Meinung muss man glauben. Morgens frisch, ist sie abends schon etwas abgenutzt und verlangt nach Regenerierung. Denn über den Tag hat sie eine Menge auszuhalten. All diese Alltagsfakten- die ihr widrig entgegenstehen, ihr offen ins Gesicht blasen. Jeden Tag müsse das Zusammenleben ja neu ausgehandelt werden, sagen die Leute.
Aber: wir schaffen das schon- irgendwie- oder so...

Mittwoch, Oktober 09, 2019

Herbst

Ich fahre übers Land; und wieder im Herbst: das besondere Licht.
Die Landschaft wird neu entdeckt. Erwartungsvoll um bekannte Kurven, durch schwarzen, schmatzenden Schlamm enger Waldwege.  Pilze haben sich durch den Teppich aus abgestorbenem Blättern, Zweigen und Moos geschoben. Feuchtigkeit macht sie zu feinem Steinzeug: keramische Kunstwerke des Herbstes.
Die giftigen sind am Schönsten. Dort laden rote Glückspilze zum Genuss. Leuchtendes, lockendes Rot gegen den graubraunen Waldboden. Knollenblätterpilze hauchen erst auf den zweiten Blick einen Todesatem von Vergänglichkeit entgegen.
Was man essen kann, steht eher rum, wie Schweine in einem Schlachthausgatter. Grau und massig. Überall, irgendwie gewöhnlich, Nahrung eben. Manchmal ein stolzer, hochgewachsener Riese, aber meistens nur die kleinen, knackigen Mitläufer. Die von Maden überfallenen versuchen den äusseren Schein zu wahren, aber irgendwann ist Schluss, sie sterben langsam an Auflösung.
Richard Wagner- Licht: müde, satt und trotzdem kraftvoll; Lichtfarbe und Sonnenstand konturieren bekannte Umrisse und geben ihnen Tiefgründigkeit: das ist die Weisheit des Alters, des sterbenden Jahres.
Geniesst dieses Geschenk, nehmt es an!
Bald herrscht der Tod.